Die Babys stürmen die Schule
Der Unterricht, er ist und bleibt
anstrengend. Denn es ist gar nicht mal so einfach, in die Köpfe der Schüler
hineinzuschauen. Da plant man etwas, von dem man denkt, es könnte reichen, um
die dreißig Minuten Förderunterricht zu füllen und die Schüler sinnvoll zu
beschäftigen. Bei der ersten Klasse scheint es, als sei man erfolgreich
gewesen. Und dann kommt das böse Erwachen. Das kommt eigentlich sowieso immer,
wenn ich mit den Schülern kein Spiel spiele a là Fußball oder Badminton. Wenn
die erste Frage „Sir ji, Game play?“ verneint wurde, ist die Motivation der
Schüler in der Regel hinfällig. Da ich aber sowieso fast immer spielerische
Elemente einbaue, gelingt es mir manchmal noch, den Unterrichtsinhalt als Spiel
zu verkaufen. Doch wer gerade einmal ein paar Sekunden lang nicht beschäftigt
ist oder die Lust verloren hat, macht sich auf der Suche nach einer besseren
Beschäftigung im Klassenzimmer – und bei fehlenden Alternativen auf den Weg nach
draußen.
So geht es bisweilen zu in meinem Unterricht.
Bei der ganzen Anstrengung tut
Abwechslung gut. Am Dienstag durfte ich ausschlafen und musste erst zur
Mittagszeit anfangen zu arbeiten, weil die „Healthy Baby Show“ auf dem Programm
stand. Deswegen fand kein normaler Unterricht statt und ich hatte die Aufgabe,
zu fotografieren. Es gibt wahrhaftig schlimmere Arbeitstage.
Alle Babys aus Kathputli Colony im
Alter bis zu zwei Jahren konnten bei der Show in der Schule kostenlos von
Ärzten auf ihren Gesundheitszustand überprüft werden, eine jährliche Aktion,
bei der der Andrang groß war. Letztendlich kam die Gründerin und Haupt-Förderin
von Kalakar Trust, um der Preisverleihung beizuwohnen. Gekürt
und mit einem Geschenk prämiert wurden jeweils die drei gesündesten Babys in
drei unterschiedlichen Altersgruppen.
Indische Verhältnisse bei großem Andrang.
Die Gründerin von Kalakar Trust, auf dem Stuhl sitzend.
Hier sind sie, die Gäste an diesem Tag.
Glückliches Gewinner-"Team"
Wer sich etwas genauer für die
Arbeit unserer Organisation interessiert, kann einen Blick auf den „Annual
Report“ werfen, der im Internet unter http://kalakartrust.org/
abrufbar ist.
Joeys und meine Arbeit wird unter
der Rubrik „International Volunteers“ kurz wiedergegeben. Ein Satz hat mich aber doch schmunzeln lassen: “During
the outings the volunteers used English to discuss what could be seen on the
outings and how to interact with the people that they met during their outings.”
Nun, diese Aussage lasse ich einfach mal unkommentiert so stehen.
Interessant finde ich auch die
beiden Case Studies, wobei sich die zweite mit dem Thema „Freiwillige“
beschäftigt. „Once the volunteers have learned to manage a
classroom in the Kalakar Vikas School, they can control any classroom anywhere
for sure.” Dieser Aussage stimme ich uneingeschränkt zu, bezweifle
aber doch stark, dass ich jemals einen Klassenraum in der Kalakar Vikas School „kontrollieren“
kann.
Wen interessiert, in was für
einem Englisch unsere Unterrichtsvorgaben oft verfasst sind, sollte auch einen
Blick in den Annex wagen.
Weil Kalakar Trust sich zur
Aufgabe gemacht hat, die Interessen traditioneller Künstler zu vertreten, gibt es
wie bereits beschrieben zweimal wöchentlich künstlerische Aktivitäten im Unterricht, die jeweils eine Stunde dauern. Im Moment
bastle ich wie die Kinder an einer Holzpuppe. Manchmal wird es mir allerdings
doch etwas zu anstrengend, weshalb ich dann lieber die Kamera auspacke.
Umgezogen sind wir am letzten
Wochenende schließlich doch schon. Mehr Infos und Fotos gibt es im nächsten
Eintrag, noch ist unsere Etage nicht
perfekt eingerichtet, aber ich bin dabei.